Die tunesische Rose
Als Abkürzung zwischen zwei Strassenzügen maschierte ich in der Stadt Tabarka im Norden Tunesiens durch einen abgelegenen Innenhof, der vor Bewuchs nur so überstrotze, sich aber besonders durch die kindskopfgroßen Rosenblüten hervortat. Der Unterschied zu den unauffälligen, staubigen Strassen legte mir den Anblick als besonders prächtig dar. Mit den blau-weiß gefliesten Arkaden musste ich natürlich an 1001 Nacht denken - banal, ich weiß.
Hinter einem mannshohen Busch raschelte etwas und es zeigte sich, dass sich eine junge, schüchterne Frau dahinter verbarg. Ihr Tuch hatte die gleiche Farbe, wie die frisch geschnittene Rose in ihrer Hand und als ich um ein Foto bat bekam sie so rote Backen vor Aufregung, nicht einmal ihre tonfarbene Haut konnte das verbergen. Außerdem hielt sie keine Sekunde still.
In gebrochenem Französisch teilte sie mir mit, dass noch niemand jemals ein Foto von ihr gemacht hatte, da sie nur eine Gärtnerin ist und es eine Verschwendung des Filmmaterials sei.
Die Überraschung und Freude, als sie sich selbst auf dem Display der Digitalkamera sah, war bestimmt genauso groß wie bei "Eva", als sie zum ersten Mal ihr Gesicht in einer spiegelnden Wasseroberfläche sah.
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superchicken » Fr, 4. Mai, 15:17